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10 Städtebauliche Entwicklung und Wohnen

Abgesehen von der vermuteten Siedlungsstelle am Ende des heutigen Lieserer Wegs in der Römerzeit und der Wüstung Kolbenhof (s. Kap. 14.1) beginnt die urkundlich nachgewiesene Besiedlung des Rastpfuhls Anfang 18. Jahrhundert mit der Anlage eines Gehöfts an der heutigen Straße "Rastpfuhl"  (vgl. Kap. 14.2).
Bis zum Bau der Waldsiedlung ab dem Jahr 1935 war für den Rastpfuhl nur eine mäßige, wenn auch stetig zunehmende städtebauliche Entwicklung zu verzeichnen.
Die Auswertung insbesondere der frühen Entwicklung des Rastpfuhls ist unsicher, da Pläne und Karten bis in das 19. Jahrhundert hinein ungenau sind und auch später nicht immer den aktuellen Bebauungsstand darstellen. Verlässliche Quellen sind daher nur datierte Luftbilder und Informationen zu einzelnen Objekten.
Überschneidungen mit dem Kapitel 14 "Geschichte" sind unvermeidlich. Im vorliegenden Kapitel sollen jedoch schwerpunktmäßig die städtebauliche Entwicklung und die verschiedenen Hausformen im Vordergrund stehen, die bei entsprechender Detailtiefe das Kapitel Geschichte überladen würden.
Am Ende wurde das Kapitel "Nicht-realisierte Projekte" eingefügt. Hierbei handelt es sich um Planungen, die mehr oder weniger gut dokumentiert sind und einen sehr unterschiedlich weit fortgeschritten waren. Herausragendes Beispiel ist dabei das "Projekt Knappenroth" aus den 1970er-Jahren.

10.1 Städtebauliche Entwicklung bis ca. 1935 (vor Bau der Waldsiedlung)


Städtebau bis zur Zeit vor dem Bau der Waldsiedlung
Abb. 10.1.1: Städtebauliche Entwicklung bis zur Zeit vor dem Bau der Waldsiedlung ab 1935
(vorhandene Bebauung außerhalb des Rastpfuhls mit Ausnahme der Amselstraße nicht dargestellt)
(höher aufgelöste Grafik als PDF-Datei)

Nukleus der baulichen Entwicklung des Rastpfuhls ist zweifelsohne das Gehöft und "Torhaus am Wildzaun des Malstatter Waldes, das dem Torhüter und Holzhauers König fortan als herrschaftlichem Hofmann als Wohnung diente." [2] Um das Gehöft, das ungefähr an der heutige Adresse Rastpfuhl 5 stand, gruppierten sich bis Ende des 18. Jahrhunderts weitere bäuerliche Gebäude, u.a. eine Zehntscheuer. [3]
Weitere Einzelheiten zu den Rastpfuhler Höfen im 18. Jahrhundert  sind in Kap. 14.2 beschrieben.

Zehntscheuer auf dem Rastpfuhl
Abb. 10.1.2: Zehntscheuer aus dem 18. Jahrhundert (1907 abgerissen) - "Aufnahme von K.W.", aus [10],  s.a.[2]

Bereits im Jahr 1776 eröffnete auf dem Rastpfuhl die Gaststätte Holzwarth, ein beliebtes Ausflugsziel für die Bewohner in der Umgegend.  Als zweite Gaststätte kommt später das Restaurant Ludwig, Rastpfuhl 12, hinzu, s.a. Abschnitt Gaststätten im Kapitel 12.1.Fabriken, Gewerbe und Handel.

Ansichtskarte vom Rastpfuhl um die Jahrhundertwende
Abb. 10.1.3: Ansichtskarte vom Rastpfuhl um die Jahrhundertwende 1800/1900

Im Duhamel-Atlas von 1810 [4] ist bereits in der heutigen Köllertalstraße eine Tuillerie (Ziegelei) eingezeichnet. Weitere entstanden bis 1930 an anderen Standorten, insbesondere entlang der heutigen Straße Im Knappenroth, s. Abb. 10.1 sowie Kap. 13.1.1. Ziegeleien und Lehmgruben auf dem Rastpfuhl.
1907 wurde die Teerfabrik Hugo Sarg und 1922 der Pasteurschacht in Betrieb genommen (s.a. Kap. 13.1), so dass sich die Struktur des Rastpfuhls bis Anfang des 20. Jahrhunderts von einer ursprünglich bäuerlich geprägten Ansiedlung in ein Mischung aus Landwirtschaft, Viehhaltung und Industrie gewandelt hatte.
Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts setzte entlang der Lebacher Straße sowie entlang der heutigen Ahrstraße, Hochwaldstraße und Lahnstraße eine rege Bautätigkeit ein und es entstanden die ersten Bürgerhäuser als reine Wohnhäuser. [6], [7],[8]
Ebenso wurden Ende der 1920er Jahre einige Wohnhäuser am oberen Jenneweg, Ecke Im Knappenroth errichtet (Jenneweg 130 - 142 ungerade).
In die Zeit bis ca. 1935 fällt auch der Bau des Rastpfuhl-Krankenhauses (ab 1901) an der heutigen Rheinstraße, die Anlage des Franziskanerklosters mit der Kirche St. Antonius (1929) sowie der Bau des ehemaligen Forsthauses an der heutigen Moselstraße.


Rastpfuhl 1935
Abb. 10.1.4: Rastpfuhl Zentrum ca. 1935
(Am linken Bildrand ist das Haus Rastpfuhl 7 zu sehen, auf der rechten Seite das frühere Haus Rastpfuhl 12)

Köllertalstraße 44
Köllertalstraße 44
Lebacher Straße 144
Lebacher Straße 144
Lahnstraße
Lahnstraße
Ahrstraße
Ahrstraße

Abb. 10.1.5: Wohnhäuser auf dem Rastpfuhl vor 1935 (höhere Auflösung: auf das Foto klicken!)

Planungen in den 1920/1930er Jahren
Bereits Ende der 1920er Jahre wurde in Zusammenhang mit der Nutzung der Sportplätze im Bereich der heutigen Riegelsberger Straße bekannt, dass die unbebauten Flächen zwischen den Straßen Im Knappenroth und der heutigen Rheinstraße dringend als Bauland benötigt werden und deshalb die Sportplätze verlegt werden sollen, vgl. Kap. 12.4.2 Sportstätten - Sportplatz "am Wallenbaum".
Der Generalbebauungsplan der Stadt Saarbrücken vom Januar 1932 weist darüber hinaus auch die Flächen zwischen der heutigen Moselstraße und der heutigen westlichen Rheinstraße aus als "Wohngebiet geplant". Hingegen sollte der damals noch vorhandene "Dauerwald" nördlich der heutigen Moselstraße und nördlich der heutigen Rußhütter Straße nicht angetastet werden. [9] Anfang 1934 wurde jedoch erstmals die Möglichkeit einer "Stadtrandsiedlung" mit "Kleinhäusern" auf bis zu 1.250 m² großen Grundstücken entlang  der heutigen Moselstraße und der heutigen Rußhütter Straße erwähnt.[14] Aus der Karte [15] ist zu entnehmen, dass damit lediglich die Bebauung der Nordseite der beiden Straßenzüge gemeint ist und nicht das Waldgebiet, das sich daran anschließt. Im Herbst 1934, also nur wenige Monate später, wurde dann erstmals mit den Überlegungen zum Bau der "Waldsiedlung" die Ausdehnung des Wohngebiets nach Norden in die Planungen einbezogen, vgl. Kap. 10.2.
 
Holzhauerhaus
Im Wald nördlich des Hauptwegs, der vom Gilbenkopf zur Nauwies führt, befand sich ein Holzhauer- oder Holzfällerhaus.[11]  Das Haus war wie ein Wohnhaus ausgestattet.[12] Es bestand vermutlich bis in die 1950er Jahre. Die terrassierte Fläche des Standorts ist heute noch deutlich erkennbar.
Lage des Holzhauerhauses
Abb. 10.1.6:
Lage des ehemaligen Holzhauerhauses
Standort 2020
Abb. 10.1.7: Standort des ehemaligen Holzhauerhauses
(Zustand 2020)

Quellen:
  1. Bannkarte 1763
  2. Köllner, Friedrich, Köllner, Adolf, Ruppersberg, Albert: Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken, III. Teil (Geschichte der Stadt Saarbrücken), 2. Band, 2. Auflage 1914. Nachdruck 1979, Verlag Saarbrücker Bücher St. Ingbert. ISBN 3-921 815-06-1
  3. Hermann Keuth, Joachim Güth, Werner Habicht, Alfred Höck: Materialsammlung, Band 1 Band 21: Siedlungen – Gehöfte – Gebäude. Institut für Landeskunde des Saarlandes Saarbrücken: Veröffentlichungen des Band 21 von Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, 1973, ISBN: 978-3-923877-21-8
  4. Beaunier, Louis-Antoine (1779-1835) : Atlas des concessions du terrain houiller de la Sarre par Mrs Beaunier & Calmelet, ingénieurs du corps des mines. Sarrebruck, de l'an 1810, "Duhamel-Atlas",  1810
  5. Kliver, Moritz: Sect. Saarbrücken, Jägersfreude / bearbeitet von Oberbergamtsmarkscheider Kliver im Jahre 1886; online auf den Webseiten gk.historic.place
  6. Meßtischblatt 3548 : Saarbrücken, 1921, Topographische Karte 6707, Maßstab 1: 25.000,
    Aufnahme 1880, berichtigt 1908, kleiner Nachtrag 1921. - 1:25000. Reichsamt für Landesaufnahme, Berlin, 1921
    Online
  7. Luftbildaufnahme 1929
  8. Meßtischblatt 3548 : Saarbrücken, 1934, Topographische Karte 6707, Maßstab 1: 25.000,
    Aufnahme 1880, berichtigt 1908, Nachtrag 1921, hsrg. 1934. - 1:25000. Reichsamt für Landesaufnahme, Berlin 1934.
    Online
  9. Generalbebauungsplan der Stadt Saarbrücken, Fassung vom Januar 1932. In. Krueckemeyer, Dr. H. (Hrsg.): 25 Jahre Stadt Saarbrücken. SDV Verlag, Saarbrücken, 1934, Online
  10. Schumann, C.: Die alte Zehntscheuer. In: Der Saarkalender 1927, 5. Jahrgang,  Herausgeber Albert Zühlke, Saarbrücken, Druck und Verlag Gebr. Hofer A.-G., Saarbrücken, S. 77f, Online
  11. Straßen- und Wegekarte Rastpfuhl 1932/33. In: Der Rastpfuhl - Geschichte eines Siedlungsgebietes und seiner Bewohner. Herausgeber: Deutscher Siedlerbund Landesverband Saarland e.V., Siedlergemeinschaft Saarbrücken-Rastpfuhl e.V., Volkshochschule Stadtverband Saarbrücken. November 1999
  12. Gutwenger, Christa: Der Wald auf dem Rastpfuhl, a.a.O
  13. verschiedene  Nummerierungspläne der Straßen des Stadtbezirkes Malstatt-Burbach, 1927-1933.
    In: StA SB G Sign. 60 – 2790
  14. Erläuterungsbericht des städtischen Hochbauamts vom 25. Jan. 1934 zu:  Neu-Malstatt, Genereller Erschließungsplan  einschl. Darstellung der Stadtrandsiedlung, Entwurf vom 15.12.35. In: StA SB Sign. V60-23 (G60-23)
  15. Karte "Übersichtsplan 1:25000 für die Zusammenhänge betr. den Straßenzug Elbe - Deutschestr. -  Jenneweg zum Bericht vom 29.1.34". In: StA SB Sign. V60-23 (G60-23) Bebauungsplan für das Gebiet an der Leipziger und Lebacher Straße (Neu-Malstatt) mit Plänen, 1926-1937
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