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14.2  Geschichte des Rastpfuhls im 18. und 19. Jahrhundert

18. Jahrhundert
Anfang des 18. Jahrhunderts gab es auf dem Rastpfuhl nur das „Torhaus am Wildzaun des Malstatter Waldes“, das  dem „Torhüter und Holzhauer [Hyronymi] König als Wohnung diente“. Von Grafen Friedrich Ludwig wurde dazu eine Schäferei angelegt [1]. Aus den Lebensdaten des Grafen Friedrich Ludwig lässt sich ableiten, dass dies in der Zeit 1724 (Besitznahme der Grafschaft Saarbrücken) bis 1728 (Todesjahr) erfolgt sein muss. Die erste bekannte urkundliche Erwähnung des Rastpfuhler Hofs mit einer Schäferei geht auf das Jahr 1728 zurück. Lt.  [17]  wurde der herrschaftlichen Hof, bestehend aus Haus, Scheune und Stallungen, nach einer Versteigerung an den meistbietenden Johann Ludwig Hufschlag (1691 – 1761) ab dem 1. Januar 1729 für 6 Jahre für 302 Gulden jährlich verpachtet.
1756 ließ Fürst Wilhelm Heinrich den Wald abholzen und einen weiteren Hof anlegen. [1]
In den Bannbüchern (Vorläufer der heutigen Grundbücher) der Dörfer Malstatt und Burbach aus dem 1762 [21], [22] werden die Tracti (Plural von Tractus, vergleichbar mit heutigen Fluren), die den Rastpfuhl betreffen, als Ackerland, Wieß und Wald, sowie einem unbrauchbaren Graben aufgeführt. Für Tractus 13 No. 4  (heute wäre das Flurstück 4 auf Flur 13) werden 2 Häußer nebst Scheune, Stallung und Hofgering (Bereich um ein Haus) genannt, vgl. Abb. 14.3. Als Besitzer für alle Tracti ist jeweils die Gnädigste Herrschaft eingetragen. In [21] sind in einem Eintrag aus dem Jahr 1788 bei Tractus 13 No. 4, dem Flurstück mit den beiden Häusern, mehrere Mitglieder der Familie König aufgeführt. Inwieweit dieser Eigentümerwechsel mit der hier weiter unten genannten Versteigerung in den davor liegenden Jahren 1775 und 1776 zusammenhängt, bleibt ungeklärt.
In einem Protokoll zur Übergabe des Hofes mit der Schäferei an Philipp Groß und Balthaßar Schlachter aus St Johann, die den Hof ab 1768 für 9 Jahre gepachtet hatten, wird das Inventar genaustens beschrieben.[20]  In dem Inventarium wird zwischen dem Rastpfuhler Hof und der Malstatter Schäferei unterschieden. Der Rastpfuhler Hof bestand demnach aus einem einstöckigem Wohnhaus in Massivbauweise mit Ziegeldach, einem weiteren oder angebauten älteren Wohnhaus in Fachwerkbauweise, einem Ochsenstall, ebenfalls in Fachwerkbauweise, einem  Schweinestall in Holzbauweise, einer Scheune, einem Brunnen und einem eingezäunten Obstgarten mit Apfel-, Birn- und Pflaumenbäumen.  Zu der Malstatter Schäferei gehörte neben dem Wohnhaus (Erdgeschoss in Massivbauweise, Obergeschoss in Holzbauweise) eine Scheune und die Stallungen.
Allgemein lässt sich aus den historischen Dokumenten ([17], [20] sowie [1] )ableiten, dass in der Zeit von 1728 bis 1775 die Höfe einschließlich Schäferei auf anfangs 6 und später auch auf 9 Jahre an wohlhabende Bürger aus der näheren Umgebung verpachtet wurden. Nicht einheitlich sind die Verwendung der Begriffe Haus, Hof und Schäferei. Da laut [20] die Schäferei zum Rastpfuhler Hof separate Gebäude aufwies, ist davon auszugehen, dass die Schäferei, die ursprünglich neben dem Torhaus angelegt wurde, quasi der erste Rastpfuhler Hof war und der Hof, der 1756 von Wilhelm Heinrich angelegt wurde, der zweite, obwohl im Gegensatz zur Schäferei allein als Rastpfuhler Hof bezeichnet.
Aufgrund der Tatsache, dass die Höfe für bestimmte Zeiträume an wechselnde Pächter verpachtet wurden, bezeichnet Karbach die Höfe im Gegensatz zu Erbhöfen als  „Temporalbestandshöfe".[25] Die Verpachtung erfolgte durch Versteigerung an den jeweils Höchstbietenden. Die anfallenden Arbeiten auf dem Hof und auf den Feldern erledigten stunden- oder tagesweise leibeigene Arbeiter und Arbeiterinnen im Frondienst. Zu Erntezeiten waren bis zu 360 Fröner beschäftigt.[1], [18] Daneben gab es auf den Höfen ständig 2 Knechte und eine Magd, die als Leibeigene gegen Kost und Logis ihr „gezwungenes Jahr"[19] ableisteten.
1775 und 1776 wurden die Hofgüter versteigert. Dabei ging das Eigentum an die die Kinder des ehemaligen Torhüters König über. Sie legten dann eine Gastwirtschaft an, die spätere Gaststätte „Holzwarth“, Rastpfuhl 4/5. Die Schäferei wurde weiterhin verpachtet. Einzelheiten zu den Pacht- und Eigentumsverhältnissen, s. [1].

Karte 1767
Abb. 14.3: Ausschnitt aus einer Karte vom 29. Mai 1767 mit dem Raschpfuhler Hof an der Cöllerthaler Straße  samt daran gelegenen Grundstücken (aus [17])

19. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Rastpfuhl langsam aber stetig, entsprechend stieg die Einwohnerzahl an. Für das Jahr 1820 wird eine Einwohnerzahl von 6 Personen in 2 Häusern auf 2 Bauerngütern angegeben [3]. Zehn Jahre später wurden
4 „Feuerstellen“ (bewohnte Gebäude) mit insgesamt 32 Einwohnern gezählt [4].
Für das Jahr 1843 werden in [5] 6 Wohnhäuser mit insgesamt 44 Personen genannt, 23 männliche und 21 weibliche,
42 katholische und 2 evangelische. Am Ende des Jahrhundert gab es auf dem Rastpfuhl 10 Häuser mit 13 Haushalten [10].
Parallel zur Wohnbebauung haben sich auf dem Rastpfuhl an drei verschiedenen Standorten Ziegeleien angesiedelt, [8] bis [10],  s. Abb. 14.3. Näheres dazu s Kapitel 7.1 und  Kapitel 13.1
Dementsprechend finden sich unter den Einwohnern auch die Fabrikarbeiter und -Besitzer [8].

Wohn- und Industrieanlagen auf dem Rastpfuhl im 19. Jahrhundert
Abb. 14.4:
Wohn- und Industrieanlagen auf dem Rastpfuhl im 19. Jahrhundert (höher aufgelöste Grafik als PDF-Datei)

Meteorisches Ereignis im Jahre 1826
In den Annalen der Physik berichtet der deutsche Naturwissenschaftler Chladni über eine lautstarke „meteorischeErscheinung, die am 1. April 1826 auf dem Rastpfuhl beobachtet wurde [10]. Ob es sich dabei um den Niedergang
eines Meteors oder um ein Wetterphänomen handelte, bleibt offen.

Der Rastpfuhl im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71
Der Rastpfuhl war im im Deutsch-Französischen Krieg vom 31. Juli [16] bis zum 2. August 1870 Aufstellungs- und Rückzugsgebiet der Preußen.
Am 1. und 2. August 1870 brachte der französische General Frossard seine Truppen auf den Höhen in Saarbrücken links der Saar in Stellung. [1]. (Das dazu vorhandene Kartenmaterial ist teilweise in sich widersprüchlich und wurde vermutlich von Ortsunkundigen angefertigt. Als gesichert kann jedoch gelten, dass die französischen Truppen den Winterberg und den damaligen Exerzierplatz auf der Bellevue besetzten.)
Angesichts der Übermacht der Franzosen hatten sich die preußischen Truppen auf die rechte Saarseite zurückgezogen. Auf Befehl von General Gneisenau hatte sich ein Großteil der Preußen auf dem Rastpfuhl versammelt. [13], [14]
Von der Bellevue aus, wo mindestens 30 bis 36 Geschütze standen, beschossen die Franzosen die beiden damals vorhandenen Saar-Brücken zwischen (Alt-)Saarbrücken und St. Johann, den Bahnhof in St. Johann und den Rastpfuhl, wo 4 preußische Geschütze aufgestellt waren [12], [1]. Auf dem Rastpfuhl wurde ein Wirtshaus in Brand geschossen und der Geschützführer Unteroffizier Traugott Roemer getötet sowie 3 Kanoniere verwundet [23]. Im Jahr 1884 wurde dem Soldaten Römer zu Gedenken vor dem heutigen Haus Rastpfuhl 8 ein Denkmal errichtet, s. Abb. 14.5.
Auf der Bellevue war auch Kaiser Napoleon III anwesend. Der Legende nach feuerte sein 14-jähriger Sohn Napoléon Eugène Louis Bonaparte, „Lulu“ genannt, von dort aus seinen ersten Kanonenschuss ab. An dieses Ereignis erinnert heute noch der „Lulustein“ an der gleichnamigen Straße in Saarbrücken.
Am Abend des 2. Augusts zogen sich die Franzosen auf Stellungen auf den Spicherer Höhen zurück, die Preußen weiter nach Hilschbach, heute Ortsteil von Riegelsberg. [13]
Erst am 6. August kehrten die preußischen Truppen über die Lebacher Straße nach Saarbrücken zurück und nahmen an der Schlacht bei Spichern teil. [15]
Kriegerdenkmal auf dem Rastpfuhl

Abb. 14.5:
Denkmal von 1884 für Traugott Roemer

Der Rastpfuhl unter Beschuss
Abb. 14.6: Zeitgenössische Darstellung des Beschusses des Rastpfuhl im August 1870 (aus [16])

Territoriale Zuordnung

Bis 1793 gehörte der Rastpfuhl zum Bann des Dorfes Malstatt und damit zur Grafschaft Saarbrücken. Nach der Besetzung durch französische Truppen im Jahr Januar 1793 wurde die Grafschaft im Oktober 1797 im Frieden von Campo Formio an Frankreich abgetreten [2]. Malstatt und damit der Rastpfuhl wurden dem Kanton Saarbrücken zugeteilt, ab dem Jahr 1800 der Mairie Saarbrücken. Bis 1814 blieb Malstatt französisch. Erst im zweiten Pariser Frieden im November 1815 fiel Malstatt an Preußen [1] und gehörte zum Kreis Saarbrücken, s.a. Abschnitt 3.4 in Kap. 3 Lage und regionale Einordnung.

Quellen:
  1. Köllner, Friedrich, Köllner, Adolf, Ruppersberg, Albert: Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken, III. Teil (Geschichte der Stadt Saarbrücken), 2. Band, 2. Auflage 1914. Nachdruck 1979, Verlag Saarbrücker Bücher St. Ingbert. ISBN 3-921 815-06-1
  2. Burg, Peter: Saarbrücken im revolutionären Wandel (1789-1815),
    in: Wittenbrock, Rolf (Hrsg.): Die Geschichte der Stadt Saarbrücken, Bd. 1
  3. Rumpf , Johann Daniel Friedrich u. Heinrich Friedrich: Vollständiges topographisches Wörterbuch des preußischen Staats: Band 2 (I-R), Verlag G. Hayn, Berlin 1820.
  4. Restorff, Friedrich von: Topographisch-Statistische Beschreibung der Königlich Preußischen Rheinprovinzen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin und Stettin, 1830.
  5. Beschreibung des Regierungs-Bezirks Trier: nach amtlichen Quellen bearbeitet und im Auftrage der Königl. Preuß. Regierung. Enthaltend das Ortschafts-Verzeichniß nebst der Entfernungs-Tabelle, einer Vergleichung des bei den Ortschafts-Entfernungen angegebenen Preußischen Längenmaaßes mit dem Französischen, und einem alphabe-
    tischen Ortschafts-Register, Band 2 Trier, 1846; Druck und Verlag der Linz'schen Buchhandlung.
  6. Adressbuch von Malstatt-Burbach 1900
  7. Duhamel Atlas 1808, 1810 herausgegeben als "Atlas des concessions du terrain houiller de la Sarre par Beaunier
    et Calmelet"
  8. „Kuphal-Karte“ Blatt 81 Saarbrücken, Wald-, Kultur- und Siedlungskarte der Rheinprovinz 1801-1820, Landesaufnahme durch Tranchot 1801 – 1814 und von Müffling 1816 – 1820, 1930 herausgegeben durch E. Kuphal als Publikation XII
    der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde
  9. Karte aufgenommen im Jahre 1850 von Wedell, Prem. Lieutenant im 7. Art. Regiment; Bande III, Blatt 4
  10. Messtischblatt Saarbrücken, Königlich Preussische Landesaufnahme 1880, herausgegeben 1982, Auflagendruck 1917
  11. Chladni, E.F.F.: Ueber eine merkwürdige meteorische Erscheinung, am 1. April 1826, nicht weit von Saarbrücken. Annalen der Physik, Bd. 83 (Jg. 1826), Stück 3/IX; S. 373ff.
  12. Held, Alexis: Der Antheil der bayerischen Armee an dem Nationalkriege an dem Nationalkriege gegen Frankreich im Jahre 1870. Carl Merhoff’s Verlag. München 1870.
  13. La Guerre de 1870-71 IV – Journées de 1er et 2 Août. Librairie de Militaire R. Chapelot et Ce, Paris 1901
  14. Rittweger, Franz: Der französisch-deutsche Krieg 1870/71. Verlag Krebs-Schmitt, Frankfurt a.M. 1872
  15. Brand, Stefan R.: Krieg 1870/71 - 4. Die Schlacht bei Spichern. Online auf http://www.saarland-lese.de
  16. Ruppersberg, Albert: Saarbrücker Kriegs-Chronik - Ereignisse in u. bei Saarbrücken u. St. Johann, sowie am Spicherer Berge, Nachdruck der Ausgabe von 1895. Saarbrücker Bücher Queisser Verlag St Ingbert, 1978, ISBN 978-3-921815-01-4
  17. Acta zur Schäferei und dem Rastpfuhler Hof auf Malstatter Bann, 1728. In:  Schäferei und Rastpfuhler Hof auf Malstatter Bann von 1728 – 1788. LA SB, Sign. NS II, Nr. 2754
  18. Karbach, Jürgen: Die Bauernwirtschaften des Fürstentums Nassau-Saarbrücken im 18 . Jahrhundert. Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes. Veröffentlichungen der Kommission für saarländische Landesgeschichte und Volksforschung – X, Saarbrücken 1977, Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Si Nolte OHG
  19. Lexikon für Genealogie und Heimatforschung im Saaraum von Alfred Biesel, online
  20. Inventarium über den Raschpfuhler Hof und Mohlstadter Schäferey, 1768. In:  Schäferei und Rastpfuhler Hof auf Malstatter Bann von 1728 – 1788. LA SB, Sign. NS II, Nr. 2754
  21.  Meß und Bann Protocoll der beyden Dörfer Mahlstadt und Burbach, 1762. StA SB Sign. BLF 32: Bannbuch der Dörfer Malstatt und Burbach: Realkataster, nach der Vermessung von Feldmesser Johann Wilhelm Meurer, (städt. Exemplar) 1765ff, Tractus 1 bis 17; ab 1765
  22. Mohlstadt und Burbacher Bannbuch von Tractus 1 bis 17 mit Krentzbeschreibung von 1762, der Stadt gehörig. StA SB Sign. BLF 34:  Bannbuch der Dörfer Malstatt und Burbach: Realkataster, nach der Vermessung von Feldmesser Johann Wilhelm Meurer, (städt. Exemplar) 1765 ff., Tractus 1 bis 13, 1765-

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