14.3 Geschichte des Rastpfuhls im 20. Jahrhundert bis 1945
Zeit bis zum 1. Weltkrieg
Anfang des 20. Jahrhunderts setzte sich die Bebauung entlang der
Lebacher Straße und in den Seitenstraßen fort wie insbesondere in der
heutigen Hochwaldstraße, der Ahrstraße und der Lahnstraße. In den Jahren
1900 bis 1901 entstand das
Rastpfuhl-Krankenhaus.
Obwohl bei den im 19. Jahrhundert gegründeten
Ziegeleien eine Rückentwicklung zu verzeichnen war,
blieb der Rastpfuhl insbesondere durch die Eröffnung der
Chemischen Fabrik für Asphalt- u. Teerprodukte von
Ernst Hugo Sarg im Jahr 1907 ein wichtiger Industriestandort.
Im Jahr 1907 wurde die
Straßenbahnlinie
über die Lebacher Straße nach Riegelsberg in Betrieb genommen.
1. Weltkrieg
Saarbrücken und damit der Rastpfuhl lagen während des gesamten ersten
Weltkriegs mehr als 50 Kilometer hinter der Front. Daher hat sich der
Krieg auf den Rastpfuhl wie in ganz Saarbrücken "nur" durch Tod und
Verletzung von beheimateten Soldaten und durch Entbehrungen der
Zivilbevölkerung bemerkbar gemacht. Ausgenommen davon waren die 251
Bombardements im Großraum Saarbrücken durch französische Flugzeuge von
August 1915 bis November 2018, bei denen insgesamt 684 Bomben abgeworfen
wurden und 63 Tote zu beklagen waren. Am 6. November 1918, dem letzten
dieser Bombardements, fielen 4 Bomben in den Gemüsegarten des
Rastpfuhl-Krankenhaus, wobei nur eine explodierte und nur geringe
Schäden anrichtete, s.
Kap. 13.3.1
Zeit bis zum 2. Weltkrieg
In die Zeit bis zum 2. Weltkrieg fällt der Bau der Kirche und des
Klosters
St. Antonius (ab 1920).
Von 1929 bis nur 1932 war der
Pasteurschacht in Betrieb, der aber erst in den
1960er-Jahren vollständig eingeebnet wurde.
Ab 1935 erfolgte nach Rodung des Waldes der Bau der
Waldsiedlung nördlich
der heutigen Moselstraße und nördlich und im Ostteil auch an der
Rußhütter Straße. Damit begann zusätzlich zu der weiter fortgeführten
und geplanten Wohnbebauung südlich der heutigen Mosel und Rußhütter
Straße die endgültige Wandlung des Rastpfuhls vom Industriestandort zum
Wohngebiet. Näheres zur städtebaulichen Entwicklung s.
Kapitel 10.
2. Weltkrieg
Da die Stadt Saarbrücken in der "Roten Zone", einem 10 km breiten
Streifen entlang der deutsch-französischen Grenzen lag, mussten mit
Beginn des 2. Weltkriegs auch die Bewohner des Rastpfuhls ihre
Wohnstätten verlassen. Die Evakuierung begann für die
"Nicht-Marschfähigen" bereits am 1. September 1939, für die anderen am
3. September. Die Betroffenen durften nur maximal 15 kg Gepäck mitnehmen
und wurden mit Bussen, Lkw oder Eisenbahn in das sogenannte
Bergungsgebiet gebracht. Für die Saarbrücker war dies hauptsächlich die
Gegend um Kassel und Thüringen. Nach dem Sieg über Frankreich im Sommer
1940 durften die Bewohner in die "Rote Zone" zurückkehren.
Nach der Landung der Alliierten in der Normandie und der infolgedessen
immer näher rückenden Front sowie auf Grund der Zunahme von
Bombenangriffen mussten die Saarländer Ende 1944 Ihre Heimat erneut
verlassen. Für das linke Saarufer und für die Stadt Saarbrücken ordnete
Gauleiter Stöhr am 30. November 1944 die Zwangsräumung an.
In den Jahren 1942 bis 1945 erlebte Saarbrücken 30 Luftangriffe. Soweit
sich aus den teils widersprüchlichen Daten, die nur für den gesamten
Stadtteil Malstatt vorliegen, und den Beschreibungen ermitteln lässt,
war der Rastpfuhl wie folgt betroffen:
- in der Nacht 29./30. Juli 1942
(Royal Airforce) wurde die
Teerfabrik Sarg mehr oder weniger schwer angeschlagen oder
zerstört
- am 23. Mai 1944 (Tagesangriff der
8th US Army Airforce mit 137 B17-Bombern)
- am 27. Mai 1944 (Tagesangriff der
8th US Army Airforce mit 142 B24
"Liberator"-Bombern)
Dabei wurde u.a. die Hauptwasserzuleitung für den Rastpfuhl zerstört
und der Straßenbahnverkehr durch mehrere Bombentrichter in der
Lebacher Straße unterbrochen
- am 28. Juni 1944 wurde das
Rastpfuhl-Krankenhaus leicht beschädigt (Angriff der 8th US Air
Force)
- am 5./6. Oktober 1944
(Nachtangriff der Royal Airforce in zwei Wellen mit insgesamt 458 Lancaster
Bombern und 20 Mosquito-Jagdbombern).
In der für die ganze Stadt Saarbrücken, insbesondere für die
westlichen Stadtteile verheerenden Bombennacht wurden zahlreiche
Wohnhäuser, die Teerfabrik Hugo Sarg, das Rastpfuhl-Krankenhaus und
die Kirche St. Antonius stark beschädigt oder zerstört. Es gab auf
dem Rastpfuhl viele Tote und Verletzte, allein bei der Zerstörung
des Bunkers in der Rußhütter Straße 1-3 gab es über hundert Tote,
s.a. Kap.
12.5 Zivilschutzeinrichtungen und militärische Anlagen.
Einzelheiten und zahlreiche Fotos zu den Zerstörungen der Wohnhäuser
in der Waldsiedlung auf dem oberen Rastpfuhl findet man im Buch
"Rastpfuhl - Geschichte eines Siedlungsgebiets und seiner Bewohner".
In den Jahren 1944/45 wurden von Jugendlichen von Hand im sogenannten
Schanzeinsatz quer über den Rastpfuhl in West-Ost-Richtung Panzergräben
als Hindernisse für feindliche Panzer ausgehoben, s.a.
Kap. 12.5. Die Gräben
hatten eine Tiefe von 2–3 m und steile Böschungen. Im Jahr 1953
wurden diese wieder verfüllt.
Im Dezember 1944 musste der Straßenbahnverkehr nach Heusweiler bis auf
den Abschnitt Stadtgrenze-Riegelsberg eingestellt werden.
In den letzten Kriegsmonaten wurden mit der näher rückenden Front die
Luftangriffe mehr und mehr durch Artilleriefeuer ersetzt. Der weitgehend
kampflose Einmarsch der US-amerikanischen Truppen in die Stadt
Saarbrücken erfolgte am 20. März 1945 und war am 21. März 1945
abgeschlossen. Einzelheiten zur Situation auf dem Rastpfuhl konnten
nicht ermittelt werden. Daher wird hier auf den ausführlichen
Exkurs zur Einnahme von Saarbrücken in
den für die Stadt letzten Kriegstagen verwiesen. (
in Arbeit)
Abb. 14.7: Bombentrichter aus dem 2. Weltkrieg im Wald zwischen
der Weg zur Nauwies und dem Dörrbrücherbach
Quellen:
- Zeittafel zur Geschichte des Saargebietes vom 1. Juli 1926 bis 1.
Juli 1927. In: Saarkalender für das Jahr 1928 (6)
- Der Luftkrieg gegen das Saargebiet. In: Saarkalender für das Jahr
1927 (5)
- Burg, Peter: Saarbrücken im Ersten Weltkrieg. In: Internetportal Rheinische
Geschichte
- Herrmann, Hans-Walter: Saarbrücken unter NS-Herrschaft. In:
Wittenbrock, Rolf: Geschichte der Stadt Saarbrücken. SDV
Saarländische Druckerei und Verlag, Saarbrücken 1999, ISBN
978-3-930843-41-1, Band 2: Von der Zeit des stürmischen Wachstums
bis zur Gegenwart
- Eckel, Werner: Luftkrieg in Saarbrücken 1939-1945. SDV
Saarländische Druckerei und Verlag, 1985, ISBN-13: 978-3925036002
- Müller, Helmut: Die Auswirkungen der Bombennacht vom 05.10.1944.
In: Der Rastpfuhl - Geschichte eines Siedlungsgebietes und seiner
Bewohner. Herausgeber: Deutscher Siedlerbund Landesverband Saarland
e.V., Siedlergemeinschaft Saarbrücken-Rastpfuhl e.V.,
Volkshochschule Stadtverband Saarbrücken. November 1999
- 8th Air Force History Society, online
- Kriegschronik der Fernmeldeabteilung der Reichspostdirektion
Saarbrücken vom 01. März 1943 bis zum Kriegsende 1945 von
Abteilungspräsident a.D. Dipl.-Ing. Horst Winkler, Neustadt an der
Weinstraße, 1968. Online
auf den Internet-Seiten von Sebastian Scheidt
("Deutsche-Bundespost.de")
- Kasten, Brigitte (Hrsg.): Historische Blicke auf das Land an der
Saar : 60 Jahre Kommission für Saarländische Landesgeschichte und
Volksforschung. Eigenverlag, Saarbrücken, 2012, ISBN:
978-3-939150-06-0
- Karte "Dokumentation von Kriegsereignissen 1939 - 1945",
Messtischblatt 6707, Saarbrücken.
Herausgeber: Saarland – Der Minister des Inneren, Bearbeitung und
Redaktion: MinRat Wilh. Klein, Ausgabe 1985
- Schreiben "Fliegerschäden beim Angriff am 27.5.1944" v. 2.
Juni 1944 des Oberbürgermeisters als Leiter der Sofortmaßnahmen an
Stadtamt 60 (StA SB, Sign. V 60 – 51 (II): Allgemeiner
Schriftverkehr 1947 – 1954)
- Schreiben "Fliegerschäden beim Angriff am 28.6.1944" v. 3.
Juli 1944 des Oberbürgermeisters als Leiter der Sofortmaßnahmen an
Stadtamt 60, Herrn Amtsrat Riemann (StA SB, Sign. V 60 – 51 (II):
Allgemeiner Schriftverkehr 1947 – 1954)
- Kloevekorn, Fritz: Saarbrücken - Werden, Vergehen,
Wiederauferstehen einer deutschen Grenzstadt.
Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH, 1960
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